Erste Tarifverhandlung der Kunststoff verarbeitenden Industrie in Bayern 2025: Arbeitgeber fordern Augenmaß
München, 29. Januar 2025 – Die erste Tarifverhandlung der Kunststoff verarbeitenden Industrie (KVI) in Bayern für das Jahr 2025 fand am 29. Januar in Feldkirchen bei München statt. Diese Auftaktveranstaltung diente in erster Linie dazu, die Sicht der wirtschaftlichen Lage darzulegen und mit der IGBCE in einen Austausch zu treten. Die Diskussionen wurden in sachlicher, aber doch deutlicher Sprache geführt und werden am 26. Februar fortgesetzt.
Die Tarifverhandlungen finden in einem wirtschaftlich äußerst angespannten Umfeld statt und werden entscheidend für den Fortbestand der Unternehmen in unserer Branche sein. Angesichts einer anhaltend schwachen Konjunktur und gleichzeitig massiver Wettbewerbsnachteile wegen strukturell schlechteren Rahmenbedingungen in Deutschland fordern die Arbeitgeber einen Abschluss mit Augenmaß in dieser Tarifrunde.
Die Forderungen der IGBCE im Überblick
- Eine laufzeitabhängige Lohn- und Gehaltssteigerung (inkl. Auszubildendenvergütung) im Gesamtvolumen von 7 %
- Tarifliche Regelungen für Wertschätzung und Besserstellung der IGBCE-Mitglieder
- Laufzeit sollte 12 Monate betragen
Dr. Markus Born, Geschäftsführer des KVI Bayern, weist mit Nachdruck darauf hin, dass die geforderte Entgeltsteigerung von 7% – insbesondere vor dem Hintergrund, dass erst im Januar die Erhöhung der Entgelte durch einen Festbetrags von 225 EUR umgesetzt wurde – die finanzielle Belastungsgrenze vieler Unternehmen überschreiten würde und in dieser Höhe völlig überzogen sei. Zudem betonte er, dass die Stabilität der Branche nur durch eine der Situation angepassten Tarifregelung gesichert würde, zumal man mit dem letzten Abschluss mit Inflationsausgleichsprämie und durchschnittlicher tariflicher Erhöhung von 6,6% ordentlich aufgeholt habe.
Die wirtschaftliche Ausgangslage: Eine sehr ernste Situation
Deutschland befindet sich wirtschaftlich in einer bedrohlich ernsten Lage. Alle wichtigen Wirtschaftsindikatoren belegen den Ernst der Lage:
- Wachstumseinbruch: Das Wirtschaftswachstum ist zum zweiten Mal in Folge gesunken und blieb 2024 um 0,2% hinter dem Vorjahr zurück. Große Kundenbranchen, wie die Autoindustrie, stehen unter Druck.
- Verlust der Wettbewerbsfähigkeit: Deutschland ist im internationalen Vergleich durch hohe Energiepreise, steigende Produktionskosten, hohe Steuern und bürokratische Hürden stark unter Druck geraten. Im internationalen Ranking um die Wettbewerbsfähigkeit ist Deutschland mittlerweile auf Platz 24 abgerutscht.
- Rückgang der Aufträge und Produktion: Nach 6 Jahren mit starkem Auftragsrückgang wird im verarbeiteten Gewerbe im Vergleich zum Januar 2018 nahezu um ein Fünftel weniger produziert – mit entsprechenden Folgen für Auslastung und Produktivität.
Die Lage in der Kunststoffindustrie
Die Kunststoffbranche ist besonders stark von den wirtschaftlichen Herausforderungen betroffen. Betriebsschließungen, Arbeitsplatzabbau und Kostensenkungsprogramme prägen die aktuelle Realität. In vielen Unternehmen geht es derzeit nicht mehr nur um Wettbewerbsfähigkeit, sondern oft um den Erhalt der Betriebe und der Arbeitsplätze.
Rückblick auf die Tarifentwicklung
Die Arbeitgeber betonen, dass der letzte Tarifabschluss die Kaufkraftverluste der Beschäftigten aus der davor liegenden Zeit weitgehend ausgeglichen habe. Andere Branchen/Bezirke mit 7%-Forderungen hatten meist Abschlüsse, die der davorliegenden Inflation deutlich weniger Rechnung getragen haben. Gerade für die niedrigeren Lohn- und Gehaltsgruppen bedeutete der letzte Abschluss mit einem Sockelbetrag teils Steigerungen bis zu 9,5%. Mit Kaufkraftverlusten der Belegschaft unserer Branche lässt sich die 7%-Forderung der IGBCE nicht begründen.
Die Forderung der Arbeitgeber: Arbeitsplätze sichern
Ein Abschluss, der sich an der aktuellen wirtschaftlichen Realität orientiert, ist entscheidend, um:
- Arbeitsplätze zu erhalten: Zu hohe Tarifsteigerungen würden in der jetzigen Lage unweigerlich zu weiterem Arbeitsplatzabbau führen.
- Wettbewerbsfähigkeit zu sichern: Übermäßige Belastungen würden die internationale Konkurrenzfähigkeit weiter schwächen und die Verlagerung von Produktionen ins Ausland bzw. Betriebsschließungen beschleunigen.
Dr. Born fasst zusammen: „Die Lage ist ernst. Die Sozialpartner müssen einen Tarifabschluss mit Augenmaß erzielen.“
Die Arbeitgeberseite plädiert daher für eine Tariflösung, die der differenzierten wirtschaftlichen Lage der Branche Rechnung trägt, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nicht gefährdet und die Arbeitsplätze sichert.
Ausblick: Ein intensiver Verhandlungsprozess steht bevor
Es wird angestrebt, ein für beide Seiten tragbares und akzeptables Tarifergebnis zu erzielen.
Bildquelle: KVI