Wer es trotz der mehr als deutlichen Hinweise unseres Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck noch nicht verstanden hat, worauf wir gerade mit hoher Wahrscheinlichkeit zusteuern, der sollte spätestens jetzt aufgewacht sein: Nach dem Jahr 1967 – also nach 55 Jahren – findet aktuell der Versuch einer Neuauflage der sog. „konzertierten Aktion“ statt.
Damals hatte Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller alle relevanten Akteure, allen voran die Arbeitgeber und Gewerkschaften, an einen „Tisch der gesellschaftlichen Vernunft“ gebeten. Am 4. Juli bat nun Bundeskanzler Scholz „zu Tisch“, um alle Beteiligten auf eine „historische Herausforderung“ einzustimmen und nach Wegen aus der sich ankündigenden massiven Wirtschaftskrise zu suchen.
Und trotz eher verhaltener Einschätzungen über den Erfolg der konzertierten Aktion Ende der sechziger Jahre und anfänglich starker Befürchtungen der Tarifparteien hinsichtlich staatlicher Eingriffe in die Tarifautonomie (Stichwort: Lohn-Preis-Spirale) gab es nach der ersten Runde in Summe sehr viele positive Stimmen aus dem Teilnehmerkreis.
Was auch immer hoffentlich am Ende als Ergebnis und Beitrag zur Entlastung der Beschäftigten sowie der Unternehmen und zur Stärkung unserer Wirtschaft stehen mag – alle Beteiligten haben offensichtlich den Ernst der Lage und das Gefahrenpotential erkannt, das sich durch die Entwicklung der Energiepreise, den Rohstoff- und Fachkräftemangel sowie gestörte Lieferketten, eine sprunghaft gestiegene Inflation und steigende Zinsen bereits aufgebaut hat.
Sollte es dann noch zu dem befürchteten Gasstopp aus Russland kommen, droht Deutschland eine der schwersten wirtschaftlichen Rezessionen der Nachkriegszeit. Eine mögliche Lohn-Preis-Spirale, die es zu verhindern gilt, wäre dann wahrscheinlich unser geringstes Problem.
Die Lage ist also sehr ernst.
Und dennoch ist sie kein Grund zur Panik, denn Panik war immer schon ein schlechter Ratgeber. Aber sie bietet auch keinen Grund, den Kopf sorglos in den Sand zu stecken. Jeder sollte überlegen, welchen Beitrag er leisten kann. Und wir werden uns womöglich alle „warm anziehen“ müssen – denn auch unser gesellschaftlicher Zusammenhalt würde dann auf eine harte Probe gestellt werden.
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