Es klingt ja auf den ersten Blick ganz gut: Fachgerechte Standardisierung artenschutzrechtlicher Prüfungen, um Baumaßnahmen an der Schieneninfrastruktur zu beschleunigen. Was dann folgt: 50 Seiten Verwaltungsvorschrift – haarklein ausdefiniert – mit Vorgaben für naturschutzfachlich standardisierten Umgang mit Mauer- und Zauneidechsen bei sämtlich denkbaren Bauprojekten an der Schiene. So derzeit der Entwurf der Eidechsenschutz-Schiene-Verwaltungsvorschrift – zu bewundern auf der Webseite des BMUV. Das wird sicher helfen. Oder?
Nichts gegen Artenschutz – im Gegenteil! Aber ist das nicht ein Muster, warum es beim Bürokratieabbau hakt? Wir wickeln uns zuerst in ein Normendickicht, schaffen massive Zielkonflikte (hier Artenschutz vs. Schienenverkehr) – und versuchen dann, mit noch komplexeren Detailregelungen Abhilfe zu schaffen. Bürokratie zum Bürokratieabbau? Ernsthaft?
Und so geht es munter weiter: Auf Fachebene wird es immer gute Gründe geben, noch mehr Details festzulegen. So soll der Sachverständige im Umweltbereich nach 41. BImSchV jetzt auch Cybersicherheit prüfen (auch wenn das woanders schon geregelt ist). Oder wir ziehen die materiellen Standards gleich so an, dass die Umweltperformance nach dem Stand der Technik standardmäßig nicht mehr ausreicht (so jetzt die EU-Industrieemissionsrichtlinie). Kommunalabwasserrichtlinie mit erweiterter Herstellerverantwortung, Lieferkettengesetz, Taxonomie, Nachhaltigkeitsberichterstattung und so weiter – ein wahrer Quell für weitere Detailregulierung, weil die hehren Ziele in der Praxis ja meist nicht umsetzbar sind. Man will ja nur helfen.
Wäre es aber nicht besser, die Perspektive zu erweitern und Zielkonflikte gar nicht erst entstehen zu lassen, Bürokratievermeidung schon bei der Rechtsetzung? Wäre es nicht schön, wenn wir aus dem Klein-Klein-Schubladendenken ausbrechen könnten? Ein neues Mindset mit Vertrauen, Freiräumen mit Eigenverantwortung statt Kontrollzwang und Misstrauen, praxisnahe Vorgaben und auch Mut, nicht praxistaugliche Regulierungskonzepte und überzogene Standards vollständig abzuschaffen. Oder sogar eine Reformungeduld mit dem Reformprozess als politische Dienstleistung? Man wird ja noch träumen dürfen…
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